[Due Diligence] Same Day Delivery-Dienst Lobu

Lobu – Same Day Delivery Dienst für Bücher in Wien

Lobu ist ein lokaler Marktplatz für Bücher mit Same Day Delivery der Anfang 2017 in Österreich startete. Die Bücher stammen von lokalen Buchhändlern aus Wien. In der bis zum 17. Februar andauernden Probephase entfallen die Versandkosten von rund zwei Euro. Die Bestellung läuft rein über SMS und geliefert wird zwischen 19 und 21 Uhr. Lobu ist zurzeit auf Wiens 18. Bezirk beschränkt.

Same Day oder Hour Delivery ist ein wachsender Markt, Wachstum im Buchmarkt ist fraglich.

Langfristig muss sich Same Day Delivery gegen Same Hour Delivery durchsetzen muss. (Siehe Erklärung unten.) Grundsätzlich denke ich, dass Käufer immer kürzere Lieferzeiten verlangen werden, weswegen dies für Lobu ein Wachstumsmarkt ist. Hinsichtlich des gedruckten Buchhandels bin ich mir nicht sicher ob es sich um einen Wachstumsmarkt handelt. „Offline“ ist nach wie vor wichtig im Buchhandel, verliert aber an Bedeutung, wie diese Umfrage zeigt. Genauso sind Bücher in gedruckter Form, zumindest in Österreich und Deutschland, von Bedeutung wie diese und diese Studien zeigen. Da aber E-Books an Wichtigkeit zunehmen, sollten die Gründer Änderungen in diesem Bereich genau im Auge behalten und sich rechtzeitig Gedanken über alternative Einnahmequellen machen.

Die Attraktivität des Same Day/Hour Delivery-Marktes lockt dementsprechend Konkurrenten auf den Markt. Dies erschwert naturgemäß die Situation von Lobu.

Industrie aufgrund von mittelhohen Eintrittsbarrieren und fragmentiertem Markt attraktiv

Die Eintrittsbarrieren sind meiner Meinung nach mittelhoch, die Konkurrenz aber sehr groß.

Eintrittsbarrieren sind aus folgenden Gründen hoch:

  • Skaleneffekte notwendig
  • Netzwerkeffekt einflussnehmend
  • Niedrige Wechselkosten (zumindest auf Käuferseite)
  • Relativ niedrige Kapitalkosten
  • Die Wahrscheinlichkeit von Abschreckungsmaßnahmen durch die Konkurrenz (Senkung der Preise) ist hoch

Von Vorteil ist, dass Lobu bereits erste Partner hat. Da aber keine Informationen hinsichtlich des Bücherangebots vorhanden sind, besteht Zweifel daran, dass es bereits genug Partner sind. Vorteilhaft ist weiter, dass die Anbieter (Buchhändler) und Nachfrager fragmentiert sind.

Schwache direkte aber starke indirekte Konkurrenz

Lobu bekommt Konkurrenz von vier Seiten. Klassische Buchhändler, dezidierte Lieferdienste, Oline(buch)händler, vertikale Konkurrenz und lokale Marktplätze.

Gefahr durch klassische Buchhändler aufgrund von Kooperationen
Die klassischen Buchhändler werden aufgrund des niedrigeren Verkaufsvolumens wahrscheinlich keine eigenen Versanddienste betreiben. Das Eingehen einer Kooperation mit Kurierdiensten (z. B. Post) oder lokalen Marktplätzen (z. B. Locafox) ist möglich und wahrscheinlich.

Gefahr geht von etablierten Kurierdiensten aufgrund hohem Volumens aus
Lobu plant Umsatz durch Lieferkosten zu erzielen. Dieses Geschäft können dem Startup klassische Kurierdienste (Post, DHL etc.) streitig machen. Diese haben bereits Same Day Delivery im Angebot und sind insbesondere aufgrund ihrer Volumina (Skaleneffekte) eine starke Konkurrenz. Auch könnten deren normale Lieferzeiten (ein bis drei Tage) ein Problem darstellen, weil sie für die Kunden “gut genug” sind (siehe Durchsetzung von Same Day Delivery gegen Same Hour Delivery unten).

Gefahr geht von etablierten Onlinehändler aufgrund hohem Volumens aus
Ähnlich verhält es sich mit Konkurrenten wie Amazon. Unter anderem stellen diese aufgrund ihrer gr0ßen Auswahl, Preis (gratis “Next Day Delivery” mit Amazon Prime) und Volumen (Skaleneffekte) ernstzunehmende Konkurrenten dar.

Potentielle Gefahr durch vertikale Konkurrenz und Roboter
In Österreich noch nicht vorhandene Konkurrenten sind Uber oder myTaxi bzw. die Lieferung durch Roboter. Ob Auslieferung durch fahrende oder fliegende Drohnen sich in naher Zukunft etablieren wird bleibt abzuwarten. Unterschätzt werden dürfen diese aber nicht da durch deren Einsatz die teuerste Komponente der Lieferung, das Personal, wegfällt.

Kaum Konkurrenz durch lokale Marktplätze
Diese Kategorie ist in Österreich, vor allem in Wien, noch sehr unterbedient. Lediglich COOLSHOP plant einen Eintritt in Wien. Eine sehr gute Chance für Lobu.

Das Geschäftsmodell stößt auf gute Wettbewerbschancen, aufgrund der Kostenstruktur ist es aber nicht profitabel

Kosten übersteigen Einnahmen und zur Kompensation verfügbare Zeit
Alleine die Kosten für eine/n MitarbeiterIn beträgt ca. 2.200€. [footnote] Ca. €1240 Bruttomonatsgehalt laut Kollektivvertrag für MitarbeiterInnen im „Güterbeförderungsgewerbe“und 80% Nebenkosten)[/footnote] Um alleine diese Kosten zu decken müsste bei einer 40h Arbeitswoche und 100% Arbeitszeit alle 13 Minuten ein Buch ausliefert werden.  Weiters verliert das Unternehmen pro Lieferung – wenn in dieser nur ein Buch geliefert wird – zehn Euro . (Die Kosten eines/r solchen/m MitarbeitIn sind ca. 12€ pro Lieferung.)

Differenzierung weder klar noch profitabel
Lobu positioniert sich als schnell, günstig und lokal (von der Webseite).

  • Schnell: Wie unten erläutert muss sich herausstellen ob die Schnelligkeit der Lieferung entscheidend ist. Hinzu kommt, dass Lobus Same Day Delivery in vielen Fällen Next Day Usage sein wird. Aufgrund des Lieferfensters (19 bis 21 Uhr) werden viele Kunden das Buch wahrscheinlich erst am nächsten Tag nutzen können. Dadurch ist der Unterschied zur Konkurrenz (ein bis drei Tage Lieferzeit) noch geringer.
  • Günstig: Dieser Punkt fällt meines Erachtens weg da – wie oben erläutert – zwei Euro Lieferkosten nicht profitabel sind.
  • Lokal: Lokal” ist für viele Kunden wichtig, jedoch nur wenn es nicht mit signifikant höheren Kosten (Lieferpreis), weniger “Convenience” (Retouren, Bezahlung etc.) oder weniger Auswahl (Anzahl der Bücher im Sortiment) verbunden ist. Je nachdem wie sich diese Punkte entwickeln, könnte sich “Lokal” für viele Kunden als irrelevant darstellen.

Lobu ist “stuck in the middle”
Dass so eine Strategie funktionieren kann ist bekannt. Ob jedoch Lobu in der Lage ist so ein schwieriges Unterfangen zu meistern, halte ich für unwahrscheinlich. Meiner Meinung sollten sich die Gründer Gedanken machen ob nicht einer der beiden Differenzierungen (“Value” vs. “Cost”) besser wäre.

Lobus Angebot ist nicht klar positioniert
Es wird nicht klar was Lobu genau ist. Lobu könnte ein lokaler Marktplatz sein (meine Interpretation) oder ein “Lieferdienst 2.0” sein. Lobu aggregiert das Sortiment der lokalen Buchläden in einer Plattform (lokaler Marktplatz), bietet aber keine Übersicht der im Marktplatz vorhandenen Bücher. Andererseits verspricht Lobu eine Lieferung am selben Tag, kümmert sich aber auch um die Bestellabwicklung und vermutlich Bezahlung (wie die Bezahlung abgewickelt wird ist unklar). Vor allem die Bestellabwicklung ist nicht typisch für einen Lieferdienst.

Mission unklar
Ein Teil der Mission lautet: „Vorteile von kleinen, lokalen Geschäften vereint.“ Vorteile von lokalen Geschäften sind unter anderem, dass nach Objekten gestöbert werden kann und die Möglichkeit einer Beratung. Beides fehlt hier. Die beiden Gründer könnten hier z. B. ihre Vorlieben einsetzen und auf „curated books“ setzen.

Keine VRIO-fähigen Ressourcen
Das Bücher-Fachwissen der Gründer ist wertvoll (“valuable”), besteht aber die restlichen Kriterien (Rare, Costly to imitate und organized to capture value) nicht. Sonstige Ressourcen welche den VRIO-Test, zumindest teilweise, bestehen sind nicht vorhanden. [footnote]VRIO steht für Valueable, Rare, Costly to imitate und organized to capture value. Entlang dieser Kriterien werden (in)tangiblen Ressourcen der Firma gemessen. [/footnote]

Gründungsmotivation der Gründer nicht Kundenorientiert
Folgende Motivation für ihre Gründung geben die Gründer an:

  • Absurdität, dass ein Buch von Amazon hunderte oder gar tausende Kilometer durch die Welt geschickt wird
  • Art, wie der Amazon mit seinen Angestellten umgeht ist ärgerlich
  • Umgehen von Steuerzahlungen

Auch wenn diese Einstellung durchaus positiv ist, entsteht dadurch für den Kunden kein 100% Vorteil. Lediglich der erste Punkt hat ansatzweise den Kunden im Blick.

Mangelnde bzw. falsche Kompetenzen im Team stellen Problem dar

Gegründet wurde Lobu von den beiden Schülern Moritz Stephan (16) und Konstantin Klinger (17). Zusätzlich dazu gibt es einen Grafiker, einen Programmierer und sechs Freiwillige für das Ausliefern der Bücher. Dass es einen Programmierer aber gibt finde ich sinnvoll. Einen Grafiker einzustellen halte ich für verfrüht.

Interessant wäre zu wissen wie das Team hinsichtlich operativer, strategischer und wirtschaftlicher Kenntnisse aufgestellt ist. Aufgrund des angepeilten unwirtschaftlichen Versandpreises (siehe Kalkulation oben) und fragliche Selbsteinschätzung bezüglich Kosten [footnote]Das Geschäftsmodell erfordert kaum Investitionen und Ausgaben wie für Website etc. bezahlen wir selber. Quelle: Interview[/footnote] denke ich nicht, dass die wirtschaftlichen Kenntnisse ausreichend sind. Auch scheint einer der Gründer, Konstantin Klingler, nicht sehr zuverlässig zu sein: „Fällt meistens am Tag vor der Buchbesprechung ein, das Buch für die Schule zu besorgen.“ Lautet die Beschreibung über den Gründer auf der Webseite.

Von Vorteil könnte aber sein, dass sie Schüler sind, wenn es um Medienaufmerksamkeit und Toleranz von verschiedenen Seiten geht.

Unvollständiges Produktangebot löst Kundenprobleme nur teilweise, bietet theoretisch gute Kundenbindung. Kaufbereitschaft und mangelnde Digitalisierung fragwürdig

Unvollständiges Produktangebot löst Kundenprobleme nur teilweise
Grundsätzlich löst das Produkt ein wichtiges Problem auf beiden Seiten (Händler und Kunden). Es fehlen aber Informationen darüber wer die Retouren abwickelt und wie die Bezahlung erfolgt. Problematisch ist, dass das Produkt zusätzlich „Pain“ schafft. Dadurch, dass eine Übersicht des Sortiments fehlt, muss der Kunde zwischen Anbietern (einem Onlinebuchladen und Lobu) wechseln.

Lediglich theoretisch gute Kundenbindungsmöglichkeiten
Theoretisch besteht gute Möglichkeit zur Kundenbindung. Da die Plattform dem Kunden – im Vergleich zum lokalen Händler per se – einen Nutzenvorteil bietet, besteht für Kunden ein geringer Grund die Plattform zu umgehen. Ähnliches gilt für die Buchhändler. Auch diese würde die Plattform nicht umgehen da eine Vorwärtsintegration für diese schwierig ist. Ganz klar negativ ist, dass kein Onlineaccount erstellbar ist. Dass CRM per SMS ausreichend sein wird, bezweifle ich.

Fragliche Kaufbereitschaft aufgrund unerreichbarer Lieferkosten
Der angepeilte Lieferpreis von zwei Euro dürfte Kaufbereitschaft bei Kunden garantierten. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Preis nicht haltbar ist und, dass es sich trotz Same Day Delivery um “Next Day Usage” handelt.

Buchbestellung in natürlicher Sprache bei Lobu
Bestellung eines Buches in natürlicher Sprache bei Lobu (Quelle: Firmenwebseite)

Mangelnde Digitalisierung ist nicht skaliebar und erschwert Expansion
Auch wenn Expansion geplant ist (Expansion in die Bezirke 1, 4, 8 und 19 und ländliche Regionen wurde in einem Interview genannt), wird sich das als schwierig erweisen, da aktuell der gesamte Buchungsprozess anscheinend manuell gemacht wird. Weiters ist nicht klar wie die Abstimmung mit Buchhandlungen erfolgt. Falls diese auch manuell stattfindet, könnte dies zu Problemen bei der Bestandsaufnahme kommen. Weiters wäre ein manueller Abgleich mit Buchläden sehr zeitintensiv für die Händler. Bei Skalierung wird es wichtig den Lieferprozess genau zu koordinieren, auch hier wird Lobu um den Einsatz von IT (der laut Interview fehlt) nicht umgehen können. Sehr interessant finde ich, dass der Bestellvorgang mittels natürlicher Sprache erfolgt (siehe Screenshot). Jedoch denke ich, dass hier langfristig trotzdem Vieles (z. B. über Bots) automatisiert werden muss.

Durchsetzung von Same Day Delivery gegen Same Hour Delivery

Die Durchsetzung hängt vom durch die Kunden wahrgenommen Mehrwert, dem gelösten “Pain” und Produktkategorie ab.

Same Day Delivery muss als deutlich besser als Same Hour Delivery wahrgenommen werden
Es wird sich herausstellen ob der Unterschied zwischen ein bis drei Tagen Lieferzeit (wie bei “normalen” Lieferungen üblich) und Lieferung am gleichen Tag für Kunden groß genug ist bzw. den Preis rechtfertig. Beträgt der Unterschied zwischen Same Day und Say Hour 100€, werden wohl die wenigsten zu letzterem greifen. Im Gegensatz dazu, wenn der Aufpreis lediglich 1€ betrage, wäre die Bereitschaft deutlich höher.

Same Day Delivery muss Pain lösen
„Pain“ eine wichtige Rolle.: Die 14,99 bis 49€ die z.B. MediaMarkt für ein Same Day Delivery verlangt wäre wahrscheinlich kaum jemand bereit für ein Buch zu bezahlen. Dem Kunden wird durch die Lieferung kein „pain“ genommen. Ein Buch nach Hause zu tragen ist keine allzu schwierige Aufgabe. Wird diese von jemanden übernommen wird sie zwar leichter, aber es rechtfertig nicht die Lieferkosten. Im Gegensatz dazu wird bei einer Waschmaschine der Lieferprozess für den Käufer dadurch, dass er von jemanden abgenommen wird, erheblich leichter.

Sofortige Lieferung nicht bei allen Produkten sinnvoll
Bei manchen Produkten macht es mehr Sinn sie sofort zu bekommen als bei anderen. Den Teilnehmern dieser Studie war die Lieferung am gleichen Tag bei Geschenken und Blumen wichtiger als bei Essen und Trinken.

 

 

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